Natür­liche Sei­fen

Sie gehören zu den grossen Gewinnern im Zeitalter der Nachhaltigkeit. Obwohl es sie schon mehr als 5000 Jahre gibt, haben sie als zuverlässige Reinigungskraft längst nicht ausgedient und sind heute in den Badezimmern der Welt wieder vermehrt anzutreffen. Feste Seifen erleben gerade eine Renaissance. Wer möglichst verpackungsarm und plastikfrei konsumieren will, greift zum Seifenstück – sogar zum Haarewaschen. Zudem sind Seifen recht sparsam in der Anwendung, kommen aufgrund ihres geringen Wassergehaltes ohne Konservierungsmittel aus und gelten als gut biologisch abbaubar. Und noch ein Plus: Herkömmliche Seife spült Keime zuverlässig von der Haut. Eine antibakterielle Seife ist also gar nicht vonnöten. Wichtig ist nur das gründliche Händewaschen. Eine feste Seife überträgt auch keine Bakterien oder Krankheiten, wie oft fälschlicherweise angenommen wird.

fenchel

Der lange Weg der Seife

Die Wiege der Seifenkunst ist Mesopotamien, dem heutigen Iraq. An den Ufern von Euphrat und Tigris, wo ca. 4’000 Jahre vor unserer Zeitrechnung die ersten Städte der Menschheitsgeschichte aus dem Boden wuchsen, begann die Geschichte der Seife. Es waren die Sumerer, denen wir die Urform der Seife verdanken. Das erste überlieferte Rezept steht in Keilschrift auf einer 4.500 Jahre alten Tontafel. Verwendet wurde Pottasche, gewonnen aus verbrannten Pflanzenteilen und Hölzern, die mit Ölen verkocht wurden. Genau daher rührt der Begriff „alkalisch“, abgeleitet von dem arabischen Wort „al-quali“, was nichts anderes als Pflanzenasche bedeutet. Diese Seife wurde damals allerdings nicht gezielt zur Körperreinigung, sondern vorrangig zur Behandlung von Hautreizungen und -krankheiten eingesetzt.

Die Seifenrezeptur verfeinerte sich im Laufe der Jahrtausende und damit vervielfältigte sich auch ihr Gebrauch. Während die Germanen und Gallier die Seife als dekoratives Kosmetikum einsetzten, führten die Römer ab dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung die Seife erst ihrer heutigen Funktion der Körperreinigung zu. Der Siegeszug der Seife nahm ihren Lauf, und das Wissen um die Kunst des Seifensiedens, wie es die Araber im 7. Jahrhundert entwickelten, breitete sich nun ebenfalls in Europa aus. Die Waschkultur endete jedoch jäh im Mittelalter, als Pest und Syphilis ihr Unwesen trieben und man die Seife für die Krankheiten verantwortlich machte. Waschen war fortan verpönt, stattdessen wurde der Körper mit Parfüm und Puder beduftet. Damit bereitete man Keimen und lästigen Parasiten natürlich erst recht den Boden.

Die Wieder­kehr der guten Dinge

Erst Sonnenkönig Ludwig brachte die Seife zurück ins europäische Badezimmer. Er holte die besten Seifensieder an den Hof und erliess Ende des 17. Jahrhunderts ein Reinheitsgebot für Seifen. Die „Savon de Marseille“ musste mindestens zu 72 Prozent aus reinem Pflanzenöl bestehen und durfte keine künstlichen Farb- und Zusatzstoffe enthalten. Leider vergass er, die Herkunfts­bezeichnung zu schützen, weswegen heute überall auf der Welt Marseiller Seife hergestellt werden kann – ganz ohne Beachtung des Reinheitsgebots.

Das zunehmende Hygieneverständnis im 19. Jahrhundert erhöhte den Bedarf an Seife beträchtlich und setzte die industrielle Fertigung in Gang. Das ursprüngliche Luxusgut wurde für alle erschwinglich, was der Qualität der Seife nicht unbedingt zugutekam. Billige Fette und später vermehrt auch künstliche Farb- und Duftstoffe sowie Konservierungs­mittel kamen zum Einsatz. Heute jedoch kehren viele nachhaltig orientierte Verbraucher zum guten alten Seifenstück zurück. Zum Glück, denn es wäre doch schade, wenn der Zauber der traditionellen Seifensiedekunst verloren ginge.

mohn